Als ich 1991 mit dem Fallschirmspringen begann, entdeckte ich, dass fliegende Menschen ein Leuchten in den Augen haben, dem ich in dieser Intensität zuvor nie begegnet war. Lange nicht jeder Flieger besitzt es – aber ich habe es noch bei keinem Nichtflieger gefunden, ausser manchmal bei Kindern. Es ist eine ganz eigene Strahlung, Enthusiasmus, Daseinsbejahung, sprühende Lebensfreude – auch Vertrauen und Hoffnung funkeln aus solchen Augen.
Neulich habe ich seit langem wieder einmal dieses Leuchten in den Augen eines Fliegers gesehen – wenn auch nur am Fernsehen. Die Augen gehören Bertrand Piccard, der als erster in einem Heissluftballon die Welt umfahren hat und jetzt das Gleiche mit einem Solarflugzeug plant.
Was mich jedoch mehr beeindruckt hat, war zu hören, wie er denkt und was er ausser Fliegen sonst noch macht. Eine seiner Aussagen hat mich aufhorchen lassen, ist es doch ein Thema, mit dem ich mich auch immer wieder beschäftige, sinngemäss: Die Menschen versuchen Bestehendes, ihnen Bekanntes zu bewahren; Veränderungen, das vor ihnen liegende Ungewisse, machen ihnen nämlich Angst.
Ich gehe so weit zu behaupten: Das ist eine der Grundängste des Menschen, die viele weitere mit sich zieht und manche “unerklärliche” Verhaltensweise erklärt. Warum verharren Menschen immer wieder in leidvollen Situationen, in der Partnerschaft, im Beruf, mit sich selbst, Freunden, Familienangehörigen, obwohl sie die Möglichkeit hätten, sie zu ändern? Weil sie mit dem Bekannten, und sei es noch so schwer zu ertragen, vertraut sind und glauben, damit irgendwie umgehen zu können. Jede Veränderung ist hingegen ungewiss in ihrem Ausgang, sie führt auf unbekanntes Terrain… man weiss nicht, was kommt… man traut sich nicht zu, das Neue zu bewältigen… man fürchtet noch grösseres Leid… man hat Angst einen Schritt zu wagen… man will Mitmenschen nicht verletzen und ihre “Liebe” nicht verlieren…
Diese Angst vor dem Kommenden ist schlichtweg Angst vor dem Leben. Das Leben liegt doch vor uns! Vergangenes vermögen wir nicht mehr zu ändern, die Gegenwart ist ein Augenblick, den wir nicht festhalten können, aber die Zukunft – sie ist unsere einzige Möglichkeit, etwas zu verwirklichen, sie ist doch das Leben, das wir noch zu leben haben, das wir formen können! Fürchten wir uns davor, vergeben wir all unsere Chancen – wir sind dann ohne Zukunft… Die Angst tötet sie.
Jetzt der scheinbare Widerspruch: Es ist eine Illusion zu glauben, wir hätten unser Leben im Griff, könnten durch eigene Entscheidungen, durch unseren Willen, unser Bemühen wirklich darüber bestimmen. Und in unserem Inneren wissen wir sehr wohl, dass wir keine Macht über das so genannte Schicksal haben – es kann in einem Augenblick all unsere Pläne, unsere Vorhaben, für die wir gekämpft haben, die wir als “sicher” erachteten, zunichte machen. Auf der anderen Seite hat es uns auch schon manchen Erfolg, viele Geschenke beschert, ohne dass wir dafür einen Einsatz geleistet hätten.
Was soll also die Angst? Wovor sollten wir uns fürchten? Es kommt ohnehin alles, wie es kommen muss. Das hat nichts mit lähmendem Fatalismus oder blindem Glauben an Vorbestimmung zu tun, sondern mit Urvertrauen, dieser Zuversicht, dass mir alles gegeben wird, was gut für mich ist (gut für meine innere Entwicklung), und mir alles genommen wird, was mich auf meinem Weg hindert.
Traut euch deshalb stets, Entscheidungen zu treffen und zu handeln, so wie ihr es spürt, wie eure innere Stimme es will – ohne die Angst vor den Folgen und allem Kommenden.
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