Leiden oder Auferstehung?

Einige Gedanken zum bevorstehenden Osterfest

Zuerst die Kreuzigung und der Tod, danach die Auferstehung und das Leben – an beide will das christliche Osterfest erinnern. Auch in anderen, älteren Kulten findet sich dieses Schema des Leidens und der Überwindung des Leidens.
Sogar die Natur zeigt uns in dieser Jahreszeit deutlich, wie aus dem scheinbaren toten Holz neue Knospen erwachen und aufblühen, wie aus der brachen Erde junge, zarte Pflanzen spriessen.

Tatsächlich gehören beide zum Leben, das Leiden und die Auferstehung aus dem Leiden. Manchmal ist es allerdings nicht einfach, daran zu glauben, dass auch wieder bessere Zeiten kommen, wenn wir gerade in schweren stecken. Und doch… in jedem Leid ist auch Freude verborgen, wie ein krebskranker Freund von mir, der auf den Tod zuging, oft sagte.
Meistens erkennen wir es leider nicht. Beherzigen wir deshalb die weisen Worte von André Gide, die ich nicht zum ersten Mal zitiere:

Es entspricht einem Lebensgesetz: Wenn sich eine Tür vor uns schliesst, öffnet sich eine andere. Die Tragik ist jedoch, dass man auf die geschlossene Tür blickt und die geöffnete nicht beachtet.

Ich wünsche euch allen frohe Ostertage – lasst den Karfreitag schnell hinter euch und öffnet euch der Auferstehung, der Erneuerung, der Überwindung des Leidens.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Schweinegrippe – und die Angst vor den Krankheiten

Den folgenden Text habe ich einmal geschrieben, als wir noch lange nicht ahnten, dass uns tatsächlich eine Pandemie – Covid-19 – treffen würde!

Zuerst war es SARS, dann die Vogelgrippe und jetzt die Schweinegrippe – das Gesprächsthema weltweit, und weltweit unternehmen Regierungen und Menschen, was sie können, um vorzubeugen und sich zu schützen. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn es nicht in Panik und Hysterie ausartet…

Früher litten und starben die Menschen an der Pest, Tuberkulose, ja bis fast Mitte des letzten Jahrhunderts noch an einer Lungenentzündung. Heute sterben sie, abgesehen von den selbstverschuldeten Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen, an AIDS, SARS, Vogel- und Schweinegrippe. Die Natur lässt sich immer wieder etwas einfallen!
Ich glaube fest daran, dass das Leben einen Sinn hat, nämlich unsere innere Entwicklung, und wir den Erfahrungen (auch leidvollen) nicht entgehen können, die uns auf unserem Weg weiterführen. Und muss ich zu diesem Zweck eine schwere Krankheit durchmachen, ist es mir ziemlich egal, ob es die Pest oder die Schweinegrippe ist!
Positiv ausgedrückt: Es kann mir ja nichts geschehen, was nicht für mich vorgesehen ist – somit ist doch jede Angst vor Krankheiten sinnlos. Auch vor diesen „neuen“ Krankheiten: Wenn ein Mensch aus Schmerzen oder einem Krankenhausaufenthalt etwas lernen soll, eine Krankheit ihn ans Bett zu fesseln hat, um ihn von etwas abzuhalten oder davor zu bewahren, sogar wenn er daran sterben muss – dann wird er die eine oder andere Krankheit bekommen. Wie gesagt, ob es dann eine äusserst seltene ist oder eine, an der zugleich einige Millionen anderer Menschen leiden, macht für den einzelnen Betroffenen keinen Unterschied.

Ich wünsche euch auch in Zeiten der Schweinegrippe (und/oder was an Pandemien noch auf uns zukommen mag) das Urvertrauen, dass ein Sinn darin liegt – für den einzelnen und die Menschheit.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Die Gnade des Vergessens

Wenn wir einen „Schicksalsschlag“, insbesondere den Verlust eines geliebten Menschen, erleiden und in unserem Schmerz ganz gefangen sind, können wir uns manchmal nicht vorstellen, dass es je wieder anders werden kann, wir je darüber hinwegkommen, das Leiden je abnimmt…

Gerade habe ich wieder einmal erlebt, dass die Zeit tatsächlich die Wunden heilt – durch das Vergessen. Diese Erfahrung möchte ich hier mit euch teilen, um euch vielleicht ein bisschen dieses Vertrauens zu schenken, dass jeder Schmerz, jede Traurigkeit sich verflüchtigt – sofern wir es zulassen und uns nicht daran haften.

Ich habe heute mit einer lieben Freundin telefoniert, die vor kurzem einen nahen Familienangehörigen verloren hat, und wir kamen dabei darauf zu sprechen, dass meine grosse Liebe vor einigen Jahren ebenfalls gestorben ist. Sie fragte mich, woran. Ich zögerte einen Sekundenbruchteil, als wüsste ich es nicht oder wäre mir nicht sicher, dann antwortete ich: „Leberkrebs mit Knochenmetastasen.“
Erst einige Stunden später – beim Geschirrspülen! – ging mir plötzlich durch den Kopf: Nein, er hatte doch gar nicht Leberkrebs! In der Leber und in den Knochen waren Metastasen und an den Lebermetastasen ist er schliesslich gestorben. Doch welchen Krebs hatte er denn ursprünglich?

Meine grosse Liebe ist noch keine 10 Jahre tot – und ich weiss schon nicht mehr, welche Krankheit er hatte? Ja, so schnell und so gründlich vergisst man… vielleicht wusste ich es schon vor 5 Jahren nicht mehr… vielleicht schon ein Jahr nach seinem Tod…
Ich musste zuerst alle Körperorgane in Gedanken durchgehen, bis es mir wieder eingefallen ist.

Auch meine Freundin und ihre Familie – und alle, die hier lesen und Leid erfahren haben – werden vergessen. Zumindest das Leid – und diese Details, die den Schmerz immer wieder von Neuem hervorbringen. Was bleibt, sind die schönen Erinnerungen; die weniger schönen werden zu neutralen, unwichtigen, weit entfernten…

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Die Angst vor dem Leben und das Leuchten in den Augen

Als ich 1991 mit dem Fallschirmspringen begann, entdeckte ich, dass fliegende Menschen ein Leuchten in den Augen haben, dem ich in dieser Intensität zuvor nie begegnet war. Lange nicht jeder Flieger besitzt es – aber ich habe es noch bei keinem Nichtflieger gefunden, ausser manchmal bei Kindern. Es ist eine ganz eigene Strahlung, Enthusiasmus, Daseinsbejahung, sprühende Lebensfreude – auch Vertrauen und Hoffnung funkeln aus solchen Augen.

Neulich habe ich seit langem wieder einmal dieses Leuchten in den Augen eines Fliegers gesehen – wenn auch nur am Fernsehen. Die Augen gehören Bertrand Piccard, der als erster in einem Heissluftballon die Welt umfahren hat und jetzt das Gleiche mit einem Solarflugzeug plant.
Was mich jedoch mehr beeindruckt hat, war zu hören, wie er denkt und was er ausser Fliegen sonst noch macht. Eine seiner Aussagen hat mich aufhorchen lassen, ist es doch ein Thema, mit dem ich mich auch immer wieder beschäftige, sinngemäss: Die Menschen versuchen Bestehendes, ihnen Bekanntes zu bewahren; Veränderungen, das vor ihnen liegende Ungewisse, machen ihnen nämlich Angst.
Ich gehe so weit zu behaupten: Das ist eine der Grundängste des Menschen, die viele weitere mit sich zieht und manche “unerklärliche” Verhaltensweise erklärt. Warum verharren Menschen immer wieder in leidvollen Situationen, in der Partnerschaft, im Beruf, mit sich selbst, Freunden, Familienangehörigen, obwohl sie die Möglichkeit hätten, sie zu ändern? Weil sie mit dem Bekannten, und sei es noch so schwer zu ertragen, vertraut sind und glauben, damit irgendwie umgehen zu können. Jede Veränderung ist hingegen ungewiss in ihrem Ausgang, sie führt auf unbekanntes Terrain… man weiss nicht, was kommt… man traut sich nicht zu, das Neue zu bewältigen… man fürchtet noch grösseres Leid… man hat Angst einen Schritt zu wagen… man will Mitmenschen nicht verletzen und ihre “Liebe” nicht verlieren…

Diese Angst vor dem Kommenden ist schlichtweg Angst vor dem Leben. Das Leben liegt doch vor uns! Vergangenes vermögen wir nicht mehr zu ändern, die Gegenwart ist ein Augenblick, den wir nicht festhalten können, aber die Zukunft – sie ist unsere einzige Möglichkeit, etwas zu verwirklichen, sie ist doch das Leben, das wir noch zu leben haben, das wir formen können! Fürchten wir uns davor, vergeben wir all unsere Chancen – wir sind dann ohne Zukunft… Die Angst tötet sie.

Jetzt der scheinbare Widerspruch: Es ist eine Illusion zu glauben, wir hätten unser Leben im Griff, könnten durch eigene Entscheidungen, durch unseren Willen, unser Bemühen wirklich darüber bestimmen. Und in unserem Inneren wissen wir sehr wohl, dass wir keine Macht über das so genannte Schicksal haben – es kann in einem Augenblick all unsere Pläne, unsere Vorhaben, für die wir gekämpft haben, die wir als “sicher” erachteten, zunichte machen. Auf der anderen Seite hat es uns auch schon manchen Erfolg, viele Geschenke beschert, ohne dass wir dafür einen Einsatz geleistet hätten.
Was soll also die Angst? Wovor sollten wir uns fürchten? Es kommt ohnehin alles, wie es kommen muss. Das hat nichts mit lähmendem Fatalismus oder blindem Glauben an Vorbestimmung zu tun, sondern mit Urvertrauen, dieser Zuversicht, dass mir alles gegeben wird, was gut für mich ist (gut für meine innere Entwicklung), und mir alles genommen wird, was mich auf meinem Weg hindert.

Traut euch deshalb stets, Entscheidungen zu treffen und zu handeln, so wie ihr es spürt, wie eure innere Stimme es will – ohne die Angst vor den Folgen und allem Kommenden.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter

Der Umgang mit Ängsten und dem Leiden

Oft hindern uns bewusste oder unbewusste Ängste daran, uns so zu verhalten, wie wir eigentlich möchten – weil wir die Konsequenzen fürchten, unter denen wir in der einen oder anderen Form dann leiden. (Allerdings schmerzt uns auch jedes Verhalten, bei welchem wir aus mangelndem Urvertrauen nicht wagen wir selbst zu sein, uns selbst untreu werden, unsere innere Natur verleugnen – doch das nehmen wir offenbar in Kauf…)

Angst beruht immer auf einem Mangel an Urvertrauen – doch was nützt uns dieses Wissen? Das verlorene oder mangelnde Urvertrauen gewinnen wir ja nicht über Nacht zurück, einfach weil wir es gerne wollen, sondern es ist ein längerer Prozess! Wie gehen wir in der Zwischenzeit mit unseren Ängsten um, bis wir unser Urvertrauen wiedererlangt haben?

Die Antwort lautet: Handeln trotz der Angst!
Das bedeutet: Uns von der Angst vor bestimmten Konsequenzen und dem Leiden, das sie uns bringen könnten, nicht daran hindern lassen, uns so zu verhalten, wie wir es als richtig und gut für uns empfinden. (Nebenbei bemerkt: Wenn wir mutig wir selbst sind, fallen die Konsequenzen meistens gar nicht so aus, wie wir es befürchten!)

In unserer Gesellschaft wird das Leiden nicht akzeptiert, wir versuchen es zu fliehen und zu betäuben, betrachten es als etwas Negatives, absolut Unerwünschtes – wir wollen vergessen, dass es zum Leben gehört, und haben verlernt, damit umzugehen. Damit umgehen heisst: Das Leiden als gegeben annehmen und es einfach aushalten. (Gemeint sind hier nicht physische Leiden, denn dagegen gibt es Schmerzmittel – es ist unnötig körperliche Schmerzen zu ertragen.) Schauen wir es doch ganz nüchtern an:
• Durch mein Verhalten, das darauf beruhte, dass ich auf meine Seele gehört habe, sind für mich leidvolle Konsequenzen entstanden (jemand liebt mich nicht mehr, ich habe finanzielle Verluste erlitten, ich habe meinen Chef verärgert und wurde zurechtgewiesen oder verletzt und vieles mehr): Es tut weh, in mir drinnen.
• Ja, es tut weh – na und? Dann tut es halt weh… ich weiss, es geht vorbei… ich weiss, es wird mich zu Erkenntnissen führen… ich weiss, es gehört zum Leben… ich weiss, es ist der Preis für meine Authentizität… ich weiss, es ist in Wahrheit das kleinere Leiden, als mir selbst untreu zu sein…
• Ich schaue dem Schmerz ins Gesicht, ich verdränge ihn nicht, meide ihn nicht. Ich schaue ihn an, wie er ist, nehme ihn wahr… Manchmal verschwindet er bereits durch diese tapfere „Gegenüberstellung“ oder schwächt sich wenigstens ab.
• Und sonst halte ich ihn weiterhin aus, bis er durch neue Erkenntnisse „überflüssig“ wird oder die Zeit ihn heilt oder mein mutiges Verhalten „belohnt“ wird und die Situation, die mir Leiden gebracht hat, sich unerwartet zum Guten wandelt.

Wenn wir bereit sind, das Risiko eines künftigen möglichen Leidens einzugehen – weil wir uns vor „ein bisschen Schmerz“ nicht länger fürchten – verschwinden viele unserer Ängste ganz von alleine. Selbstverständlich werden wir dann, wenn die Zeit für uns reif ist, noch weiter gehen und überhaupt nicht mehr leiden (müssen), weil unser Gleichmut so stark ist, dass nichts uns verletzt, wir keinen Verlust mehr (tief) betrauern, wir annehmen, was das „Schicksal“ uns bringt… Dann haben wir unser ganzes Urvertrauen wiedererlangt.

Artikel teilen auf:
Facebooktwitter