Eine bestimmte Angst loswerden

Manchmal sagt uns der Verstand ganz klar, dass kein Grund besteht, vor etwas Bestimmtem Angst zu haben. Dennoch haben wir Angst und schaffen es nicht, sie loszuwerden. Warum ist es so schwierig?
Lassen wir die Tatsache ausser Acht, dass Angst evolutionsgeschichtlich gesehen die Funktion hat, eine Reaktion hervorzurufen, nämlich entweder Kampf oder Flucht, und beachten wir ebenso wenig die berechtigte Vorsicht. Sprechen wir jetzt nur von der objektiv völlig unbegründeten Angst in einer bestimmten Situation. Warum bringt der Verstand sie nicht zum Verstummen?

Das liegt daran, dass wir verschiedene Ichs in uns haben (Verstand, Emotion, Körper), die bis zu einem gewissen Grad eigenständig und unabhängig voneinander agieren und reagieren.
Obwohl der Verstand in einer bestimmten Situation überzeugt ist, dass kein Grund zur Angst besteht, kann das emotionale Ich trotzdem Angst empfinden, ebenso wie der Körper, der dann mit Herzklopfen, Schwitzen und Zittern reagiert. Deshalb genügt es nicht, sich seine Angst durch rationale Argumente ausreden zu wollen. Der Verstand hat nicht immer Macht über das emotionale und das körperliche Ich. Wir müssten die Angst auf jeder Ebene gesondert angehen, auf welcher sie sich manifestiert.

Die Angstempfindung des emotionalen Ichs können wir bewusst und gezielt durch andere Gefühle überlagern, beispielsweise durch beruhigende oder rockige Musik, ein friedvolles Bild wie eine Berglandschaft oder ein lachendes Kindergesicht, auch indem wir uns intensive positive Erinnerungen ins Gedächtnis rufen und darin weilen.

Der Körper lässt sich überlisten, indem wir ihm „Symptome“ vorgaukeln, die sonst Ruhe und Gelassenheit signalisieren und nicht Angst: Wir atmen bewusst ruhig und tief, entspannen unsere Muskeln, schliessen unsere Augen und lächeln.

Diese Methoden lassen sich gut praktizieren bei all den irrationalen Ängsten, die wir deutlich spüren und erkennen, wie Prüfungsangst, Lampenfieber, Angst vor einer bestimmten Begegnung oder Situation. Tun wir es immer wieder, so verschwindet die betreffende Angst mit der Zeit – relativ schnell auf der emotionalen Ebene, langsamer auf der körperlichen, die von Natur aus „dichter“ und deshalb träger ist.

Und vor allem – ich habe es auf dieser Website bestimmt schon geschrieben! – müssen wir uns über die Angst hinwegsetzen: Wir lassen uns durch diese bestimmte Angst nicht behindern. Wir haben zwar Angst, aber wir tun das Gefürchtete trotzdem. Angst verschwindet (leider!) nicht von selbst – der beste Weg, sie erfolgreich und anhaltend loszuwerden, ist, uns ihr zu stellen.

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