Loslassen und annehmen oder selber bestimmen?

Patrick* ist ein enger Freund von mir, den ich seit zwei Jahrzehnten kenne. Und seit ich ihn kenne, lebt er mit einer Frau zusammen, die ihm das Leben zur Hölle macht, je länger je mehr.
Sie lässt keine Gelegenheit aus, ihn zurechtzuweisen, auf erniedrigende Art, sie behandelt ihn wie einen Hund, nie hat sie ein gutes Wort, eine liebevolle Geste für ihn, man hat manchmal den (keinesfalls aus der Luft gegriffenen) Eindruck, sie wünsche ihm den Tod. Warum sie sich nicht von ihm trennt, wenn er ihr doch so zuwider ist? Ich weiss es nicht. Vielleicht braucht sie jemanden, nach dem sie treten kann. Aber das ist ihre Sache, auch kenne ich sie nicht gut genug, um mir ein Urteil anzumassen.

Warum er sich nicht von ihr trennt, obwohl er leidet, das beschäftigt mich. Und darüber diskutiere ich mit Patrick auch schon seit Jahrzehnten immer wieder einmal. Meistens in Zeiten, in denen ich gerade eine wichtige Entscheidung fällen will, um eine für mich nicht erträgliche Situation zu ändern. Da prallen dann unsere Meinungen aufeinander.

Er meint, ich könne zu wenig annehmen, ich wolle immer selber meinen Lebensweg lenken, „dreinpfuschen“ nennt er es zuweilen, ich hätte zu wenig Geduld, um den Dingen ihren Lauf zu lassen, und zu wenig Urvertrauen, dass die Höheren Mächte schon alles so regeln, wie es für alle Beteiligten das Beste ist.

Ich entgegne, meine Devise sei „Hilf dir selbst, dann hilf dir Gott“, wir dürften nicht einfach die Hände in den Schoss legen und darauf warten, dass die Dinge von aussen für uns geregelt werden, Leben bedeute auch Entscheidungen zu treffen, dazu hätten wir doch den freien Willen, und wir hätten die Pflicht aktiv mitzuwirken. Meistens füge ich irgendwann noch an: „Und ich verstehe nicht, warum du dich nicht von deiner Freundin trennst, warum du dir all das gefallen lässt, wo bleibt denn deine Würde als Mensch?“

Worauf er mir zum x-ten Mal erklärt, dass seine Situation ja kein Zufall sei, er sei dieser Frau begegnet, weil er etwas lernen müsse, ja, es sei unangenehm, aber aus den unangenehmen Situationen lernten wir schliesslich, wir dürften nicht immer ausweichen, fliehen, kaum dass uns etwas nicht passt.

Und nach einer halben Stunde oder so beenden wir dann unser Gespräch jeweils mit den Worten „Du hast deine Meinung, ich meine, das ist gut so, jeder von uns muss das tun, was er für sich als richtig spürt“, und wir bleiben die guten Freunde, die wir seit Jahrzehnten sind.

Tatsächlich ist es ja so. Was für ihn stimmt, muss für mich stimmen, und umgekehrt. Jeder von uns hat seinen ganz eigenen Lebensweg, seine ganz eigenen Aufgaben in diesem Leben – und jeder kann nur für sich selbst, in seiner Seele, spüren, welcher Weg der richtige ist.

Die Selbstbestimmung ist übrigens auch das Thema meines unmittelbar vorangehenden Artikels mit gleichem Datum.

* Name aus Diskretionsgründen geändert.

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Selbstliebe und Selbstbestimmung

Wir alle scheuen uns oft allzu sehr, über unser Leben selbst zu bestimmen – wenn dabei andere in Mitleidenschaft gezogen werden. Wir nehmen Rücksicht, nehmen uns zurück, bringen Opfer, bis hin zur Selbstaufgabe… Alles gut und recht, aber dabei vergessen wir, dass wir die Pflicht – ja, die Pflicht, nicht nur das Recht! – haben, unser eigenes Leben zu leben, unseren eigenen Weg zu gehen, so wie unsere Seele es will.
Sich selbst lieben heisst, seinen Lebensweg selbstbestimmt zu gehen.

Ohne weiteren Kommentar – der tatsächlich unnötig ist – zitiere ich aus zwei Büchern, die ich in letzter Zeit gelesen habe:

Wir alle haben Träume. Doch die meisten von uns scheuen davor zurück, ihre Träume in Erfüllung gehen zu lassen, obwohl es doch einzig und allein in ihrer Hand liegt, ob sie Wahrheit werden. […] Wenn wir das eine, das uns alles bedeutet, nicht haben, was ist dann der Rest wert? Wenn wir das eine aber bekommen, was schert es uns, wenn wir den Rest verlieren? […] Ich behaupte, dass wir alle diese Situation kennen. Etwas, das sich mit Gewalt in unser Leben drängt, und mit einem Mal wird alles andere unwichtig. Ein Mensch, sehr häufig ist es ein Mensch. Plötzlich steht er vor uns und erschüttert unser Leben in den Grundfesten und alles, was dort sonst eine Rolle spielt, rückt an den Rand.
Stephan M. Rother: Öffne deine Seele

Einen anderen Menschen zu lieben, ist etwas Wundervolles […] Es mag gut gehen, oder auch nicht. Aber so ist die Liebe. Wenn man sich verliebt, ist es nur natürlich, sich der Liebe hinzugeben. […] Man muss den Dingen ihren natürlichen Lauf lassen. Trotz all deiner Bemühungen, werden andere Menschen verletzt, wenn für sie die Zeit gekommen ist, verletzt zu werden. Das Leben funktioniert so. Du bemühst dich zu sehr, das Leben in die Bahnen zu lenken, die deiner eigenen Lebensweise entsprechen. Willst du nicht in einer Nervenheilanstalt enden, musst du dich etwas mehr öffnen und dich dem natürlichen Lebensfluss ergeben. […] Also, stoppe, was du gerade tust, und werde glücklich. Arbeite daran, dich glücklich zu machen!
[…] wer weiss schon, was das Beste ist? Deshalb solltest du nach jeder Chance auf Glück greifen, wo immer du es findest, und dir nicht allzu viele Sorgen um andere Leute machen. Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass wir nie mehr als zwei oder drei solcher Chancen in einem Menschenleben bekommen, und wenn wir sie gehen lassen, bereuen wir es für den Rest unseres Lebens.
Haruki Murakami: Norwegian Wood (von mir selbst aus dem Englischen übersetzt)

Die Selbstbestimmung ist auch das Thema des nachfolgenden Artikels mit gleichem Datum.

* Das Buch von Rother ist ein Thriller, den ich niemandem empfehlen will, der nicht über starke Nerven verfügt.
** Der Roman von Murakami ist eine nette, aussergewöhnliche Liebesgeschichte eines jungen Mannes.

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Entscheiden heisst verzichten

„Entscheiden heisst verzichten.“ Diesen Satz hat vor knapp zwei Wochen ein Freund von mir gesagt, der vor einer Lebensentscheidung stand, mit der er sich seit Monaten – wenn nicht seit Jahren – quälte.
Im ersten Moment habe ich ablehnend reagiert. Aber beim späteren Nachdenken gebe ich ihm Recht: Wenn man zwischen Alternativen entscheiden muss, wählt man die eine und verzichtet auf andere.
Manchmal empfindet man es nicht als Verzicht, weil die ausgeschiedenen Alternativen ohnehin nicht besonders attraktiv waren. Doch wenn zwei oder mehrere gleichwertig sind, oder fast, oder emotionale Elemente mit hineinspielen, dann trifft es durchaus zu, dass man mit seiner Wahl gleichzeitig einen Verlust erleidet.

Inzwischen hat dieser Freund seine Entscheidung gefällt. Und jetzt leidet er unsäglich wegen dem, was er verliert. Dazu auch eine Pauschalweisheit: Wenn es so sehr weh tut, dann weil die Seele aufschreit.
Er hat nämlich – nicht zum ersten Mal in seinem Leben – eine Entscheidung getroffen zugunsten eines anderen Menschen und dabei sträflich seine eigenen Bedürfnisse und die Stimme seiner Seele missachtet. Er hat so entschieden, weil er einem anderen Menschen nicht wehtun will, in erster Linie, und in zweiter Linie weil es die Wahl ist, die einen geringeren – oder gar keinen – zwischenmenschlichen Konflikt hervorruft. Das kann kein gutes Ende nehmen, zumal diese Entscheidung auf einer grossen Lüge gründet.

Es ist durchaus richtig, unsere kleinen Bedürfnisse zugunsten eines Mitmenschen zurückzustellen und uns selbst nicht so wichtig zu nehmen. Dies gilt jedoch nur für Alltägliches, niemals für existentielle Fragen, nicht wenn es um Entscheidungen für das eigene Leben geht.
Ein aus Liebe erbrachtes Opfer tut nicht weh und hat keine Konsequenzen für die physische und psychische Gesundheit. Wenn wir etwas für einen geliebten Menschen tun, dabei jedoch leiden und unglücklich sind, so haben wir gegen uns selbst gehandelt; ein echtes Opfer aus Liebe schmerzt niemals, vielmehr lässt es uns eine tiefe innere Zufriedenheit und Ruhe fühlen. Wenn es weh tut, war die Entscheidung falsch.

Im Fall meines Freundes, dessen Geschichte ich sehr gut kenne, auch in den Details, wage ich zu behaupten: Ja, er hat die falsche Entscheidung getroffen. Und er weiss es auch, das schmerzt ihn noch mehr. Doch erst die Zukunft wird es wirklich zeigen.
Und mir blutet das Herz zu wissen, wie sehr er leidet, nur weil er einmal mehr nicht sein Recht auf das eigene Leben wahrgenommen hat und sich die Verantwortung für das Leben und das Glück anderer aufbürdet.

Natürlich gibt es keine absolut „richtigen“ und keine absolut „falschen“ Entscheidungen. Ich glaube nicht an Vorbestimmung, sondern daran, dass sich das Leben in jedem Augenblick neu entfaltet und zwar aus den Gegebenheiten des Augenblicks. Die Gegenwart bestimmt die Zukunft – ändert sich die Gegenwart (und das tut sie in jeder Sekunde!), ändert sich auch die Zukunft. Keine Entscheidung verdammt oder rettet uns für alle Ewigkeit.

Trotzdem tun sich viele Menschen oft schwer, eine Entscheidung zu treffen: Sie fürchten die Konsequenzen und das Leiden, das daraus entstehen könnte.
Das Hauptproblem aber ist, dass sie nicht wissen, auf welcher Grundlage sie entscheiden sollen. Selten kann man Vor- und Nachteile einander klar gegenüber stellen und gewichten und rational entscheiden.
Rational entscheiden? Eine Studie hat gezeigt, dass auch in grossen Firmen Entscheide selbst über Millionenbeträge hauptsächlich aus dem Bauch getroffen werden und rationale Argumente dann nur dazu dienen, diese irrationalen Entscheide zu begründen und zu rechtfertigen.
Irrationale Entscheide? Nein! Es sind Entscheide „von innen“ und es sind jeweils die richtigen, um dieses Wort doch zu verwenden. Unser Verstand kennt nie sämtliche Fakten, Kriterien, Bedingungen und schon gar nicht die Konsequenzen. Unsere Seele hingegen weiss alles, und vor allem weiss sie, was für uns gut ist und was nicht. Die Entscheide unserer Inneren Stimme sind immer richtig. Was nicht heisst, dass dann immer alles glatt läuft; aber es sind die Entscheide, die uns auf unserem Lebensweg weiterführen, die unserer inneren Entwicklung förderlich sind.

Um unserer Inneren Stimme bedingungslos zu gehorchen, anstatt uns von unseren Ängsten leiten zu lassen, brauchen wir Urvertrauen. Das Urvertrauen, dass alles so kommt, wie es für alle Beteiligten am besten ist.
Dieses Urvertrauen kann uns die Entscheidungen leicht machen. Weil wir wissen: Egal wie wir entscheiden, den Erfahrungen, die wir auf unserem Lebensweg für unsere innere Entwicklung machen müssen, entkommen wir nicht. Das Schicksal – oder Höhere Mächte, wie man es auch nennen will – werden uns immer wieder in die Richtung lenken, die für uns gut ist.

Wie ich weiter oben gesagt habe: In jedem Augenblick legen wir die Grundsteine für unsere Zukunft. In jedem Augenblick. Jeder Augenblick unseres Lebens ist neu und einmalig und im nächsten Augenblick schon Vergangenheit. Scheuen wir uns deshalb nicht, in jedem Augenblick unsere Entscheidungen zu treffen – und im nächsten Augenblick neue.

Richtige und falsche Entscheidungen – ich habe geschrieben, dass es sie nicht gibt. Doch, eine falsche gibt es: Nicht auf die Innere Stimme zu hören, das ist die einzige falsche Entscheidung, die wir je treffen können.

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Gegen den Strom

Einen interessanten Artikel über Gruppendruck, Mitläufer und kollektive Glaubenssysteme habe ich neulich gelesen.*
Darin wird von verschiedenen Versuchen berichtet, in denen gezeigt wird, wie stark wir Menschen uns vom Urteil der Mehrheit beeinflussen lassen. Ich erzähle hier nur eines dieser Experimente.

52 Personen sollten drei verschiedene Weinproben beurteilen. In Wirklichkeit waren alle drei gleich, nur der Probe C wurde Essig beigemischt, sodass sie ungeniessbar wurde.
Wenn die Testpersonen die Weine für sich allein degustierten, erkannten sie problemlos C als schlecht.
Man liess dann die Teilnehmer den Wein zusammen mit einer Gruppe von angeblichen Weinexperten degustieren, die absichtlich die Probe B als ungeniessbar nannten. Unter diesem Gruppendruck liess sich mehr als jeder zweite Teilnehmer dazu hinreissen, ebenfalls die Probe B als schlecht zu bezeichnen.
Schlimmer noch: Ausgerechnet diese Personen hackten nachher bei der Gruppendiskussion am heftigsten auf der Unfähigkeit derjenigen herum, die – richtigerweise – den Wein C als schlecht beurteilt hatten. Das lässt sich damit erklären, dass sich diejenigen, die ihre Meinung geändert haben, unsicher fühlen und dies dadurch zu überspielen versuchen, indem sie ihre Überzeugung fanatischer vertreten und andere niedermachen.

Beträfe diese Situation, dass wir uns dem Urteil der Mehrheit angleichen, nur harmlose Weindegustationen, so wäre das ja nicht weiter tragisch. Dieses Phänomen tritt jedoch im alltäglichen Leben öfter auf, als wir annehmen, und zwar mit weitreichenden Konsequenzen. Wenn der Lehrer in der Schule etwas erklärt hat und daraufhin fragt, ob es Fragen dazu gebe, streckt meistens keiner auf. Obwohl viele den Stoff nicht begriffen haben, schliesst jeder daraus, er sei der einzige, der nichts verstanden hat und hält sich für dumm und unfähig.
Das Gleiche geschieht mit Glaubenssystemen, die scheinbar von der Mehrheit akzeptiert werden, weil sich doch niemand dagegen auflehnt: von einem ungerechten Chef am Arbeitsplatz bis hin zu religiösem Fundamentalismus. Gewisse politische Kampagnen verdanken ihren Erfolg nicht zuletzt den „lauten“, vielleicht prominenten Stimmen der einen Seite, die Mitläufer anziehen – und zugleich dem Schweigen der Mehrheit.

Es ist nicht leicht, diesem Gruppendruck zu entkommen; gemäss Studien haben weder Bildung, Beruf, Alter, Einkommen noch andere Paramter Einfluss darauf.
Nur Menschen, die ein starkes eigenes Glaubenssystem haben, wiederstehen der „falschen Wahrheit der Mehrheit“.

Deshalb ist es so wichtig, dass Selbstliebe und Selbstwertgefühl in uns stark und lebendig sind. Lassen wir uns nie in unserer Überzeugung beirren, wenn wir etwas für richtig oder für falsch halten! Und wenn alle anderen das Gegenteil behaupten: Haben wir den Mut, gegen den Strom zu schwimmen!
Auch wenn wir einmal einen sogenannten Fehler machen, weil wir nicht auf die anderen, sondern nur auf uns selbst gehört haben, ist das überhaupt nicht schlimm. Abgesehen davon, dass wir daraus lernen, wiegt die Tatsache, dass wir uns selbst vertraut haben, uns selbst treu geblieben sind, jeden „Fehler“ auf!

* Artikel: Betonkopf auf dem Wendehals von Rolf Degen, erschienen in Bild der Wissenschaft 4/2011.

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Wo ist der freie Wille?

Vor ein paar Tagen diskutierte ich mit einem Freund über Ego und Seele, und irgendwie kamen wir in diesem Zusammenhang darauf zu sprechen, ob der Mensch einen freien Willen besitze oder ob „jemand/etwas“ ihm sein Denken und Handeln aufzwinge. In der Psychologie heisst es ja, viele unserer Taten seien durch unser Unbewusstes gesteuert, was den freien Willen stark relativieren würde.

Es stellt sich zuerst einmal die Frage, was denn dieses Ich ist, das einen freien Willen haben könnte oder nicht. Gehen wir davon aus, dass der Mensch aus den beiden Elementen Seele und Ego besteht.

Die Seele, verstanden als dieses Element von uns, das mit dem Göttlichen, Universellen, Absoluten, der Weltseele, der Höheren Macht oder wie man diese Instanz nennen will, irgendwie verbunden oder gar ein Teil davon ist, hat keinen freien Willen. Sie tut immer das „Richtige“ – immer das, was dem Willen des Göttlichen entspricht, was von einer höheren Warte aus betrachtet dem Wohl des Ganzen, dem Kosmischen Plan oder übergeordneten Ziel dient. Es gibt für die Seele keine Wahlmöglichkeit, sondern immer nur die eine, einzige, wahre, richtige Entscheidung.

Das Ego, verstanden als die Gesamtheit unserer verschiedenen „Ichs“* besitzt einen freien Willen. Es trifft Entscheidungen zwischen mehreren Möglichkeiten und handelt entsprechend. Es kann auf den Rat den Seele hören (und somit „richtig“ handeln) oder eigenmächtig entscheiden und dabei seine oft auf kurzfristigen Lustgewinn ausgerichteten Ziele verfolgen.
Wie steht es dann aber mit der Steuerung aus dem Unbewussten? Kann man in diesen Fällen noch von freiem Willen sprechen? Nun, dieses Dilemma tritt erst gar nicht auf, weil alles ausser der Seele zum Ego gehört, also auch das Unbewusste nur eines unserer verschiedenen Ichs darstellt – wir könnten es beispielsweise Vergangenheits-Ich nennen, da es ja vergangene Erfahrungen enthält. Mit anderen Worten: Wenn nicht die Seele unser Handeln bestimmt, ist es immer ein Bestandteil des Ego, das uns steuert, unabhängig davon, ob eher der Körper, der Verstand, die Emotionen oder eben das Unbewusste.

Der Mensch bestehend aus Seele und Ego schwankt ständig zwischen seinen beiden Elementen: Wenn er „Ich“ sagt, ist er einmal mehr Seele und einmal mehr Ego. Empfindet sich aber beide Male als „Ich“, als sich selbst. Und doch… es gibt Unterscheidungsmerkmale um zu spüren, wer ich gerade bin, Seele oder Ego. Darüber habe ich anderswo auf dieser Website schon geschrieben. Weitere Texte zu diesem Thema findet ihr auch, wenn ihr in der rechten Spalte unter „Stichwörter“ auf „Innere Stimme“ klickt.

*Diese verschiedenen Ichs erfahren wir alle tagtäglich in Form innerer Konflikte, Entscheidungsschwierigkeiten und mehr. Auch in ganz banalen Situationen: Eines meiner Ichs, das Vernunft-Ich, hat beschlossen, nicht von der Schokolade zu naschen. Zehn Minuten später meint das Emotions-Ich: „Ach was, was solls, ein Stückchen schadet mir doch nicht. Mmmh, wie gut das schmeckt!“ Kurz darauf meldet sich das Vernunft-Ich missbilligend (oft auch die Seele) und verursacht ein schlechtes Gewissen. Ich bin nicht fortwährend das gleiche Ich, die Vorherrschaft zwischen den verschiedenen Ich ändert ständig!

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Und nochmals innere Stimme…

(als Ergänzung zu meinen beiden anderen Artikeln)

Die innere Stimme zu hören, ist nicht immer einfach, solange wir nicht ein bisschen darin geübt sind oder wenn starke Emotionen unsere Wahrnehmung trüben. Es gibt aber Hilfsmittel, um diese eher abstrakte Erscheinung zu visualisieren. Ebenso wie die Kristallkugel der Wahrsagerin nichts anderes ist als ein Sichtbarmachen von Gedanken, Empfindungen, ja einer Wahrheit in uns, können uns auch Tarotkarten, das Pendeln und andere Methoden zeigen, was unsere innere Stimme uns sagen will, dies insbesondere in Situationen, in denen wir eine Entscheidung treffen wollen.

Ich will euch heute eine Methode vorstellen, die ich früher oft praktiziert habe, die bei mir dann aber irgendwie in Vergessenheit geraten ist, bis mich kürzlich jemand wieder daran erinnert hat.
Wenn wir eine Entscheidung treffen wollen oder Antwort auf eine Frage suchen, gehen wir in die Natur hinaus. Wir begeben uns auf einen Spaziergang in einer Gegend, wo es möglichst wenig Menschen hat, und lassen uns einfach führen, schlagen die Wege ein, die uns gerade anziehen, ohne zu überlegen.
Zu Beginn des Spaziergangs stellen wir ganz klar die Frage, auf welche wir eine Antwort suchen, und bitten die eigene Seele darum, die entsprechenden Zeichen zu bekommen.
Unterwegs versuchen wir nicht nachzudenken, sondern einfach zu schauen, wahrzunehmen. Alles, was uns auf diesem Spaziergang begegnet, hat dann eine Bedeutung in Bezug auf unsere gestellte Frage und wir werden sie intuitiv verstehen – im Moment, in dem wir etwas wahrnehmen, wissen wir auch gleich, was es uns sagen will. Beispiele:
• Plötzlich ist der Weg versperrt, durch einen umgefallenen Baumstamm. Es ist jedoch ganz einfach, ihn zu umgehen oder darüber zu steigen. -> Ich soll mich von Hindernissen nicht vom geplanten Vorhaben abbringen lassen.
• Plötzlich ist der Weg gesperrt, ein Weiterkommen ist unmöglich, ich muss umkehren. -> Ich muss mein Vorhaben überdenken und neue Wege suchen, es vielleicht auch ganz aufgeben.
• Während mir gerade einige Freunde in den Sinn kommen, beginnen Vögel, laut zu kreischen. -> Vielleicht sollte ich auf die gutgemeinten Warnungen von Freunden hören.
• Ich begegne auf dem Waldweg einem Reh, es erschrickt und flieht. -> Etwas in mir hat Angst und weicht der Herausforderung aus.

Die obigen Deutungsbeispiele sind willkürlich gewählt; selbstverständlich gibt es unzählige Deutungsmöglichkeiten für die gleiche Situation. Das kommt ganz darauf an, welche Frage beantwortet werden soll. Doch wir dürfen darauf vertrauen, dass unseres inneres Wissen, die Wahrheit ins uns, uns die richtige Antwort eingeben wird.

Versucht es einmal und staunt, wie klar manche Dinge plötzlich werden…

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Die vielen Stimmen in uns

(Als Fortsetzung meines anderen Artikels über die „innere Stimme“)

Manchmal wagen wir es nicht, der Stimme, die wir in uns hören, zu vertrauen. Völlig unberechtigt sind diese Zweifel nicht: Leider kommt nicht jede Stimme, die wir vernehmen, aus unserer Seele. Wir hören ebenso die verschiedenen Stimmen des Ego.
Die nachfolgende Gegenüberstellung von Merkmalen soll helfen, die Stimme der Seele von den vielen Stimmen des Ego zu unterscheiden.

Seele: Leise, undeutlich, kurze Empfindung – Ego: Laut, deutlich, wiederholt oder wiederkehrend

Seele: Innere Ruhe, Gelassenheit – Ego: Kreisende Gedanken, Aufgewühltheit

Seele: Nicht in Worten – Ego: Durch den Verstand „rationale“ Argumente

Seele: Nicht von Emotionen begleitet – Ego: Begleitet von Emotionen wie Leidenschaft, Ärger, Lust, Verliebtheit, Eifersucht, Streben nach Wunscherfüllung

Seele: Keine unmittelbare Angst oder Zweifel (nachher beim Nachdenken können diese aber aufkommen) – Ego: Eventuell geprägt von Angst, Sorge oder Bedenken

Seele: Kann sich als starken Antrieb äussern, „lässt keine Wahl“, jedoch immer begleitet von innerer Ruhe – Ego: Kann den Eindruck von „Getriebensein“ vermitteln, von „keine Wahl haben“, jedoch begleitet von Unruhe und eventuell von der Empfindung fremdbestimmt zu sein

Wenn wir es uns genau überlegen, haben wir gar keine andere Wahl, als auf die Stimme zu hören, die wir vernehmen. Unser Verstand gibt uns nämlich keine Garantie, richtig zu handeln und zu entscheiden, weil er nicht allwissend ist und ihm meistens wichtige Kenntnisse und Kriterien fehlen; nicht selten missbrauchen wir ihn auch, um unsere Wünsche, Begehren, ebenso wie unsere Trägheit und Angst zu rechtfertigen.
Somit bleibt uns gar nichts anderes übrig, als den Versuch zu wagen und auf die Stimme, die wir für diejenige der Seele halten, zu hören und ihr zu vertrauen. Je häufiger wir das tun, umso schneller lernen wir, diese wahrhaftige Stimme von anderen, die uns irreführen wollen, zu unterscheiden.

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Meine innere Stimme

Angeregt durch die Frage von Tom zu meinem Text „Mir selbst bedingungslos vertrauen!“, veröffentliche ich hier einige meiner Erkenntnisse zur inneren Stimme.
Es ist interessant, dass ich schon bald zwanzig Jahre auf meine innere Stimme höre und ihr bedingungslos vertraue, aber erst kürzlich in einem alten Text („Apologie des Sokrates“ von Plato) eine Beschreibung gefunden habe, die in einem Satz den Kern dessen wiedergibt, was ich selber genau so erfahre. Sokrates sagt:
„Mir aber ist dieses von meiner Kindheit an geschehen, eine Stimme nämlich, welche jedesmal, wenn sie sich hören lässt, mir von etwas abredet, was ich tun will, zugeredet aber hat sie mir nie.“
Mit anderen Worten: Die innere Stimme meldet sich immer dann, wenn wir im Begriff sind, etwas zu denken, zu sagen oder zu tun, was nicht gut für uns. Schweigt sie, machen wir alles richtig.

Die innere Stimme ist die Stimme unserer Seele, die zu uns spricht, um uns zu leiten auf unserem Lebensweg, auf das Ziel unserer inneren Entwicklung zu. Sie ist es, die unsere Entscheidungen in die Richtung beeinflusst, die gut für uns ist. In christlichem Sinne stellt sie auch unser Gewissen dar, das uns ermahnt, wenn wir unrecht denken oder handeln.
Oft ist sie jedoch eine leise Stimme, die sich nicht wiederholt, wenn wir nicht sogleich auf sie hören. Und sie äussert sich nicht so klar und deutlich, wie wir es gerne hätten, nicht mittels Worten und der uns vertrauten Sprache, sondern vielmehr mit Empfindungen, unbestimmten Wahrnehmungen, inneren Zeichen, klarem Wissen. Deshalb ist sie einerseits nicht leicht zu vernehmen und andererseits, selbst wenn wir sie hören, nicht ganz eindeutig von anderen Stimmen zu unterscheiden.

Wir alle besitzen die innere Stimme – ebenso wie wir alle eine Seele besitzen! – und es trifft nicht zu, dass sie beim einen Menschen besser ausgebildet ist als bei einem anderen, wie das beispielsweise für die Sinne (Hören, Sehen usw.) zutrifft. Der Unterschied liegt nur darin, dass die einen wachsamer sind, vielleicht auch offener und eher gewillt, mit ihr in Berührung zu kommen als andere.
Ihre „Sprache“ zu verstehen kann man indes üben, kennt man einmal ihre Eigenheiten. Überaus ermunternd ist, dass der Lernprozess nicht linear, sondern exponentiell verläuft, das heisst: Die ersten Schritte sind klein und wir müssen uns darum bemühen, aufmerksam und wach sein; doch je häufiger wir auf sie hören, desto deutlicher spricht sie zu uns! Bis wir uns überhaupt nicht mehr anstrengen müssen und sie zu unserem ständigen Begleiter wird.
Die Stimme der Seele macht sich in vielfältiger Weise bemerkbar – nur nicht in deutlichen Worten! Vernehmen wir also eine „richtige“ Stimme, die uns konkret zu etwas auffordert (besonders wenn es sich dabei um kategorische Befehle für Taten handelt, die unser Verstand nicht billigen würde), sollten wir äusserst misstrauisch sein und mit einer Vertrauensperson darüber sprechen.
Die subtile Sprache der inneren Stimme ist vielfältig; die nachstehenden Beispiele sollen ein Gespür dafür vermitteln, wie sie sich unaufgefordert meldet:
• Tun oder sagen wir etwas „ganz selbstverständlich“, ohne vorher darüber nachgedacht zu haben, „kommt es wie von selbst“ oder „von innen“, begleitet von einem Gefühl der Sicherheit und Zuversicht, ist es ein Zeichen, dass die Seele die Handlung befürwortet.
• Sind wir hingegen im Begriff etwas zu tun oder eine Entscheidung zu fällen, die unsere Seele nicht gutheisst, meldet sie sich oft mit einem leichten Unbehagen, eine Art Unwohlsein; das haben wir alle schon einmal erlebt, doch meistens beachten wir es nicht, zumal es nur kurz auftritt, eine, zwei Sekunden, und gleich wieder verschwindet. Man könnte es auch eine Art Dysharmonie nennen, die wir empfinden.
• „Ein ungutes Gefühl“ ist bereits eine deutlichere Form; hierbei sollten wir jedoch prüfen, ob es nicht etwa von Angst begleitet wird, weil es sich dann möglicherweise um die Stimme des Ego handelt. Doch im Zweifelsfall scheint es ratsam, dieses Gefühl ernst zu nehmen – es hat schon viele Menschen vor Unheil bewahrt!
• Auch die Unlust oder Unentschlossenheit, etwas zu tun, kann ein Hinweis der Seele sein, es lieber bleiben zu lassen; das müssen wir allerdings sorgfältig prüfen, indem wir ehrlich zu uns selbst sind und wirklich ausschliessen können, dass das Ego mit seiner Trägheit, Faulheit, Nachlässigkeit oder Angst dahinter steckt.
• Manchmal kommuniziert die innere Stimme mit uns, indem wir etwas „einfach wissen“, es ist ein Wissen in uns, eine Klarheit – die der Verstand daraufhin gerne zu hinterfragen beginnt und dann oft mit Argumenten zu widerlegen versucht.

Durch unsere Wachsamkeit und das wiederholte Vertrauen in die innere Stimme entwickelt sich in uns eine Art „Warnsystem“, vergleichbar mit der roten Warnleuchte im Auto: Etwas in uns „flackert“ auf, wir spüren es, empfinden es tatsächlich als eine Warnung, wenn wir im Begriff sind etwas zu tun, was nicht dem Willen unserer Seele entspricht.

Das grösste Hindernis sind unsere Zweifel. Wir sind es so gewohnt und es entspricht unserer Erziehung, nur auf den Verstand zu bauen, dass wir Mühe haben, solch vagen Empfindungen zu vertrauen.
Zudem haben wir Angst, „Fehler“ zu machen: Wir müssen das Urvertrauen in uns stärken, dass es keine Fehler gibt, sondern nur Erfahrungen, und dass alles, was auf uns zukommt, uns etwas lehrt und weiter bringt auf unserem Lebensweg. Alles kommt, wie es gut für uns ist.

Je mehr wir unserer inneren Stimme vertrauen, desto deutlicher spricht sie zu uns. Das Ego reagiert jedoch jeweils sehr schnell und äusserst listig und seine Verstandesebene liefert augenblicklich überzeugende Argumente, warum wir das Warnsignal überhören sollen!
Wie wir die wahre Stimme der Seele von den trügerischen und verführerischen Stimmen des Ego, die ins in die Irre leiten wollen, unterscheiden können, darüber schreibe ich das nächste Mal.

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Ich will ihm nicht wehtun!

Wie oft habe ich auf dieser Website schon geschrieben, dass wir keine Angst haben sollen, jemandem wehzutun? (Natürlich nicht böswillig, sondern einfach weil wir auf uns selbst hören.)

In den letzten Wochen ist mir diese Erfahrung auch wieder einmal nicht erspart geblieben. Und wieder einmal habe ich deutlich gespürt, wie schwer es ist! Umso schwerer, je näher uns jemand steht.
Um es gleich vorwegzunehmen: Ich habe es nicht geschafft. Ich habe mehrmals geschwiegen, obwohl ich etwas hätte sagen sollen. Ich wollte einen Freund, den ich sehr lieb hatte und der stark an mir hing, nicht verletzen und wurde deshalb mir selbst untreu.
Gott straft sofort, sagt man. Dem stimme ich natürlich nicht zu, es ist niemals eine Strafe, sondern immer eine Lektion in der Lebensschule, damit wir etwas lernen. Jedenfalls ist die Lektion postwendend über mich hereingebrochen!

Hier die Geschichte. Gut zwei Monate lang pflegte ich mit Martin* einen äusserst intensiven Kontakt, mehrere Stunden täglich, sei es per E-Mail oder im persönlichen Gespräch. Allerdings hatte ich von Anfang an gemerkt, dass er auf der alltäglichen Ebene, vor allem in zwischenmenschlichen Beziehungen, ein sehr schwieriger – um nicht zu sagen absolut nicht umgänglicher! – Mensch ist. Ich sah darüber hinweg, akzeptierte seine Eigenheiten und schwieg oft, obwohl mir etwas auf der Zunge lag. Ich betrachtete es als eine herausfordernde Aufgabe für mich, zu lernen, damit umzugehen, mich nicht gekränkt zu fühlen und mich ganz auf seine positiven Seiten zu konzentrieren.
Doch im Grunde genommen war es mir zu viel. Rein zeitlich beanspruchte er mich über das hinaus, was meine Arbeit und meine anderen Verpflichtungen erlaubten; zudem war die Kommunikation über die Massen aufreibend und oft so unbefriedigend für mich, dass ich keine Chance sah, eine dauerhafte Beziehung aufzubauen, und den Kontakt am liebsten schon nach zwei Wochen wieder abgebrochen hätte.
Aber er hing doch so sehr an mir! Er brauchte mich! Und vor allem: Ich wusste, dass ich ihm wehtun würde, wenn ich unsere Beziehung beendete, sehr weh. Das wollte ich nicht, obwohl meine innere Stimme mir deutlich sagte, ich solle es tun, und zwar unverzüglich (die gleiche Geschichte unter diesem Aspekt könnt ihr im unmittelbar nachfolgenden Artikel lesen; mehr zum Aspekt der Verhaltensmuster auf meiner Website Karma-Yoga).
Jedenfalls brachte ich es nicht übers Herz, machte weiter wie bis anhin, mit all den Schwierigkeiten.

Zusammenfassend: Ich habe nicht auf mich gehört, bin mir selbst untreu geworden, habe nicht das gemacht, was ich in meinem Innern als richtig spürte – um jemanden nicht zu verletzen.

Wie gesagt, die Lektion des Lebens kam unverzüglich! Vor einer knappen Woche. An jenem Tag hatten wir schon mehrere E-Mails ausgetauscht, eine angeregte stündige Unterhaltung geführt, alles recht harmonisch und respektvoll.
Kurz vor Feierabend schickte ich ihm noch eine E-Mail, um einen schönen Abend zu wünschen. Seine Antwort, die für gewöhnlich länger und überschwänglich bis leicht pathetisch ausfiel, traf umgehend ein, diesmal drei kurze Zeilen, ohne Gruss, ohne Unterschrift:
„Danke.
Ich liebe dich.
Trotzdem.“

Ich traute zuerst meinen Augen nicht. Dann dachte ich bei mir: „Was ist denn jetzt wieder passiert?“ Allerdings nahm ich das Ganze nicht ernst – eine solche Situation war mir schliesslich nicht neu! – und reagierte nicht.
Es vergingen drei Tage ohne ein Lebenszeichen von ihm. Dann eine E-Mail, fast genau so kurz, aber eindeutig:
„Ich habe vergessen, dir alles Gute für deinen weiteren Lebensweg zu wünschen. Martin“
Das wars also. Was ich mich nicht getraut habe, um ihm nicht wehzutun, ist ihm ganz leicht gefallen!!! Er hat die Beziehung abgebrochen, kalt, kurz und bündig, ohne Begründung.
Welch grosse Lektion in meiner Lebensschule!

Manchmal muss ich eine Erfahrung einfach wieder einmal am eigenen Leib machen, um an meine eigenen Lehrsätze erinnert zu werden!

* Name aus Diskretionsgründen geändert.

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Mir selbst bedingungslos vertrauen!

Ich vertraue mir selbst, also meiner inneren Stimme, der Stimme meiner Seele, bedingungslos – immer. Ich weiss, dass sie immer recht hat. Sie hat mich noch nie in die Irre geleitet!
In den allerallermeisten Fällen höre ich auf sie und mache, was sie sagt. In den letzten Wochen jedoch bin ich ihrem Rat mehrmals nicht gefolgt.
Warum nicht, werdet ihr euch fragen, wenn ich doch felsenfest davon überzeugt bin, dass sie mir immer das Richtige rät? Weil mein Ego und mein Verstand dazwischengefunkt haben – wie sie es bei uns allen immer versuchen.

Als ich Martin* eben erst kennengelernt hatte, meldete sich meine innere Stimme ungefragt und sagte mir deutlich, ich müsse mich sofort zurückziehen. „Wieso solltest du?“, mischte sich mein Verstand ein. „Er ist doch ein weiser und tiefgründiger Mensch!“
Ich hörte meinem Verstand zu. Und das reichte schon, um die innere Stimme zum Verstummen zu bringen, denn sie wiederholt sich in der Regel nicht. Entweder man gehorcht ihr sogleich oder man hat die Chance verpasst, denn der Verstand mit seinen „logischen“ Argumenten wird es immer schaffen, einen zu überzeugen!

Also machte ich weiter. Schon nach wenigen Tagen zeigte Martin mir zum ersten Mal eine andere Seite von sich, eine gelinde gesagt problematische für jede zwischenmenschliche Beziehung.
Sogleich sagte mir meine Seelenstimme: „Lass jetzt endlich die Finger von diesem Menschen!“
Mein Ego aber flüsterte mir honigsüss zu: „Aber er kann doch auch sehr charmant sein, und er liebt dich!“ Ich wandte mich meinem Ego kurz zu, reichte ihm gewissermassen den kleinen Finger – schon hatte es die ganze Hand und griff bereits nach meinem Arm.
Zum zweiten Mal hörte ich nicht auf meine innere Stimme.

So ging es eine Zeitlang weiter, einige Wochen. Ohne dass sich nun meine innere Stimme explizit meldete, wusste ich die ganze Zeit, dass es für mich keinen Sinn hatte, diese Beziehung weiterzuführen, dass ich sie im Grunde genommen ohnehin nicht wollte! (Warum ich sie nicht beendete und weitere Aspekte davon könnt ihr im unmittelbar vorangehenden Artikel lesen; über die Wirkung von Verhaltensmustern in diesem Zusammenhang lest ihr auf meiner Website Karma-Yoga.)

Nun ist sie zu Ende. Es war eine intensive Erfahrung, zeitweilig auch von etwas Schmerz begleitet. Vor allem aber lehrreich! Sie hat mir wieder einmal deutlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, unter allen Umständen auf sich selbst zu hören, auf die Stimme, die uns den Weg weist und die uns warnt vor schlechten Erfahrungen. Und wie schwierig es ist, dem Verstand und dem listigen Ego keine Möglichkeit zu geben, uns davon abzubringen!

Gut, es ist übers Ganze betrachtet in diesem Fall nicht viel passiert. Mein Urvertrauen war stets stark, ich wusste immer: Egal was geschieht, egal wie viele „Fehler“ ich mache (weil ich nicht auf mich selbst höre!), es gibt immer wieder einen Weg, ich finde irgendwann wieder hinaus.
Doch es war absolut überflüssig! Hätte ich von Anfang an gemacht, was ich als richtig spürte, wären mir einige unschöne Momente erspart geblieben.
(Mein Ego sagt schelmisch: „Einige schöne aber auch…“)

* Name aus Diskretionsgründen geändert.

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