Nutzt die Möglichkeiten der Freiheit!

Mira* ist eine Frau, die in einem Land und einer Kultur lebt, in der die Eltern und die Traditionen noch geehrt werden. Ein Ausbrechen ist ihr kaum möglich, ohne sozial geächtet zu sein, aber auch nicht, weil sie dazu erzogen wurde, sich zu fügen. Woher sollte sie den Mut und die Kraft nehmen, ihr trauriges Schicksal zu ändern?
Als junges Mädchen ging sie eine Beziehung mit Arim* ein, den sie damals zu lieben glaubte. Nachdem die beiden eine Zeitlang zusammen waren, lernte sie jedoch Jonathan*, ihre wahre grosse Liebe kennen, einen Mann aus einer westlichen Kultur, der ihr eine andere Lebensweise zeigte. Doch bevor sie den Mut fand, sich von Arim zu trennen, erkrankte sein Vater schwer. Auf dem Sterbebett erzwang er von ihr die Zusage, dass sie seinen Sohn heiraten würde.
Damit war Miras Schicksal besiegelt. Nie und nimmer hätte sie ihr Versprechen gebrochen. Sie heiratete also Arim, obwohl sie ihn nicht mehr liebte, und trennte sich von Jonathan. Bald bekamen sie ein Kind.

Seither sind nun schon fünf Jahre vergangen. Mira ist unglücklich und resigniert, ja verzweifelt.

Das Tragische daran ist nicht, dass sie sich in einer Situation befindet, die sie unglücklich macht – so etwas erleben wir alle immer wieder einmal. Das Tragische ist diese Aussichtslosigkeit, ihre Situation jemals zu ändern. In ihrer Welt ist sie bis zum Tod darin gefangen, sie sieht keine Möglichkeit, sich zu befreien. Klar und hart ausgedrückt: Miras Leben ist gelaufen. Sie kann nur noch zusehen, wie es sich abwickelt, aber sie lebt es nicht. Und sie ist doch erst fünfunddreissig!

Ich erzähle euch diese wahre Geschichte, um euch zu sagen: Ihr habt die Möglichkeit, euer Leben zu ändern, wenn ihr unglücklich seid! Tut es! Schaut nicht zu, wie es an euch vorbei gleitet. Unternehmt die nötigen Schritte, um es zu ändern!
Wir leben hier in einer freien Welt, wir haben einen freien Willen, wir dürfen, ja wir müssen unser eigenes Leben leben. Natürlich ist es nicht immer einfach, aus einer leidvollen Situation auszubrechen, natürlich braucht es Mut, natürlich könnte es vorübergehend schwierig werden. Aber glaubt mir: Mut wird belohnt. Und das grösste Geschenk, was über alle Probleme trägt, ist das Bewusstsein, dass ihr zu euch selbst steht, dass ihr eure Würde bewahrt, ihr euch selbst achtet und liebt.
Macht es nicht wie Mira, fügt euch nicht in ein freudloses Leben. Ihr habt das Recht, glücklich zu sein. Und nur ihr selbst könnt etwas dafür tun.

*alle Namen aus Diskretionsgründen geändert

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4 Gedanken zu “Nutzt die Möglichkeiten der Freiheit!

  1. Liebe Karin

    Vielen Dank für diesen Beitrag. Ich bin im Moment Teil einer ähnlichen Situation, wie du sie hier beschreibst. Ich bin jedoch „Jonathan“ und fühle mich nicht gut dabei, weil ich merke, wie unglücklich die „Mira“ in meinem Fall ist. Ich fühl mich sehr hilflos und traurig dabei…weil ich genau weiss, dass ich für „Mira“ nichts tun kann. Ich weiss auch nicht, wie ich mich nun verhalten soll den andere beteiligten Personen gegenüber. Wie siehst du das?

  2. Liebe Veronika

    Wenn du in Jonathans Rolle bist, dann hast du tatsächlich keine Möglichkeit, die Situation zu ändern. Nur „deine Mira“ könnte es tun. Oder eventuell „ihr Arim“, wenn er über alles Bescheid wüsste; allerdings dürfte nur „deine Mira“ es ihm sagen, du auf keinen Fall, du darfst anderen Menschen keine Entscheidungen abnehmen, du darfst nicht in ihr „Schicksal“ pfuschen.

    Aber mit „deiner Mira“ darfst du sprechen. Erzähl ihr diese Geschichte, ermutige sie dazu, ihr eigenes Leben zu leben und sich nicht durch Traditionen in eine Auswegslosigkeit drängen zu lassen, die sie sehr unglücklich machen wird. Ich glaube, wenn „deine Mira“ in Europa lebt, so hat sie zumindest die Unterstützung der Gesellschaft, wenn schon nicht die ihrer Familie. Lebt sie allerdings im Land ihrer eigenen Kultur, die ihr solche Zwänge auferlegt, dann ist es wirklich schwierig. Dann bräuchte es einen beinahe grenzenlosen Mut und fast übermenschliche Kraft.

    Ich kenne eure Situation nicht, deshalb kann ich nur etwas Allgemeines dazu sagen, wie du dich verhalten könntest.
    Steht es fest, dass „deine Mira“ sich in ihr Schicksal fügen wird, dann würde ich an deiner Stelle mich völlig zurückziehen und keinen Kontakt mehr zu allen beteiligten Personen pflegen – sofern das möglich ist. Damit ersparst du dir und „deiner Mira“ einen sich hinziehenden, nicht endenden Schmerz.

    Es ist dann für dich besser, einen Schlussstrich zu ziehen und zuversichtlich nach vorne zu schauen. Das Leben, das Schicksal oder wie du es nennen willst, wird dir eine neue Liebe schenken, darauf darfst du bedingungslos vertrauen.
    Und so weh es auch tut, einen geliebten Menschen leiden zu sehen: Du solltest dir immer wieder sagen, dass allein „deine Mira“ die Verantwortung für ihre Entscheidungen und ihr Leben trägt, du kannst darauf nicht einwirken.

    Ich wünsche dir viel Weisheit und Kraft, Veronika, und „deiner Mira“ den Mut, so zu handeln, wie ihr Herz es ihr gebietet.

    Herzlichst,
    Karin

  3. Liebe Karin

    Vielen Dank für deine ausführliche Antwort und deine guten Wünsche.
    Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr merke ich, dass meine Situation nicht so ähnlich ist, wi es mir auf den ersten Blick erschien. Ich hätte in meinem Beitrag der Klarheit wegen noch hinzufügen sollen, dass es die Rolle von „Amir“ in meiner Situation so nicht gibt. Jedoch hat das Elternhaus von „Mira“ eine tragende Rolle. „Mira“ war damals ganz glücklich ihren Eltern von ihrer Beziehung zu erzählen. Die konnten sich leider nicht freuen. Gemäss „Mira“ muss dies grosse Ängste in ihnen ausgelöst haben, unter anderem, dass „Mira“ weggehen könnte. „Miras“ Eltern wollten jedoch kaum über ihre Ängste sprechen und haben statt dessen darauf beharrt, dass es die Tradition so wolle, dass eine Beziehung mit jemandem aus Europa keine „gute“ Beziehung sein könne. (Sie leben nicht in Europa) „Mira“ hat ihre eigene Position verteidigt und den Eltern versucht zu erklären, weshalb diese Beziehung für „sie“ gut und wichtig ist; aber auch versucht auf die Eltern einzugehen. Ich hab mit „Mira“ darüber gesprochen, wenn sie dies wünschte; hab mich ansonsten jedoch sehr zurück gehalten, da es nicht „mein“ Problem ist. Natürlich hat es mich trotzdem emotional berührt, sodass ich mich gedanklich oft damit auseinandergesetzt hab. Schliesslich wussten sich „Miras“ Eltern nicht anders zu helfen und setzten „Mira“ auf unterschiedliche Art und Weise so unter Druck, dass sie angefangen hat „ihre“ Eltern zu belügen. Ist dies ein Ausweg oder ist dies ein Weg in Richtung Aussichtslosigkeit? Was bedeutet dies für mich? Ich weiss es im Moment nicht…Ich fühl mich dadurch sehr verunsichert. Wie kann ich damit umgehen? Sicher ist natürlich, wie du sagst, dass es auch alleine „Miras“ Entscheidung ist, wie sie die Beziehung zu ihren Eltern pflegt.

    Ich danke dir, für die vielen interessanten, bereichernden Gedanken auf deiner Seite und grüsse dich herzlich,

    Veronika

  4. Liebe Veronika

    Ich glaube nicht, dass die Lügen deines Freundes gegenüber seinen Eltern unbedingt „Aussichtslosigkeit“ bedeuten. Es gibt Momente, da hat man einfach nicht die Kraft, um etwas zu kämpfen oder sich durchzusetzen. Das will nicht heissen, dass es immer so bleiben muss.

    Hab Geduld, lass deinem Freund Zeit, selber an dieser Situation zu wachsen. Eines Tages wird er vielleicht dazu bereit sein, mit seinen Eltern alles zu klären. Oder das Schicksal wird eingreifen… Wir können nicht wissen, was das Leben an Überraschungen bereit hält.

    Du machst alles richtig, dass du deinem Freund beistehst, wenn er es möchte und dich im Übrigend heraushältst. Es ist tatsächlich nicht deine Angelegenheit, wie er mit seinen Eltern umgeht.

    Ich verstehe, dass du emotional berührt bist. Einerseits ist es verletzend zu erkennen, dass der Mensch, den man liebt, nicht ganz zu einem stehen kann; andererseits ist es belastend mitzuerleben, wie der geliebte Mensch unter einer Situation leidet. Darin liegt deine Aufgabe, um aus dieser Situation ebenfalls einen „Nutzen“ zu ziehen, also innerlich daran zu wachsen: lernen, mit deinen Emotionen umzugehen, in dem Sinne, dass du nicht mehr darunter leidest; deinem Freund all deine Liebe schenken ohne dich in sein Leben und seine Entscheidungen einzumischen; und schliesslich auch dein Urvertrauen stärken, indem du dem Schicksal, dem Leben, einer höheren Macht oder wie du es nennen willst, vertraust, dass sich alles so wenden wird, wie es für alle Beteiligten gut ist.

    Alles Liebe für euch beide,
    Karin

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