„Nichts zu tun ist harte Arbeit“

Wie wahr ist doch diese Aussage von Oscar Wilde! Wir Menschen der Leistungsgesellschaft setzen Nichtstun gerne mit Faulheit gleich, verdiente Musse mit Müssiggang – und bekanntlich ist ja Müssiggang aller Laster Anfang.
So kostet es uns tatsächlich oft Überwindung, einmal einfach nichts zu tun, wir müssen uns beinahe dazu zwingen. Nicht selten verurteilen wir uns dafür, haben ein schlechtes Gewissen und suchen krampfhaft nach Rechtfertigungen vor uns selbst und anderen – ich habe Kopfschmerzen, ich fühle mich nicht so gut, ich habe schlecht geschlafen, es ist die letzte Ruhe vor dem Sturm…

Einerseits liegt es daran, dass wir nicht als faul angesehen werden wollen – was denken die anderen von mir, wenn sie mich im Garten an der Sonne liegen sehen, mitten am Tag, wenn alle arbeiten?

Andererseits aber auch daran, dass wir unser Selbstwertgefühl daraus beziehen, wie „nützlich“ wir sind. Deshalb neigen wir zu missverstandenem Pflichtbewusstsein und Perfektionismus, denn je mehr wir leisten, umso wertvoller fühlen wir uns.
So ist es aber nicht! Wir sind immer gleich wertvoll, egal wie wir sind, egal was wir tun. Unser Wert hängt nicht von Äusserem ab, er ist stets unverändert und unveränderlich.

Also gönnen wir uns Ruhe und Musse und Nichtstun – einfach weil wir Lust dazu haben. Weil wir es in uns spüren. Weil unser Körper es möchte. Oder unser Geist. Oder unsere Seele. Und hören wir auf, eine Begründung oder Rechtfertigung dafür zu suchen und abzugeben. Uns selbst nicht und anderen schon gar nicht.

Eine „To-do-Liste“ haben wir doch stets im Kopf – wie wäre es, wenn wir uns einmal eine „Not-to-do-Liste“ zusammenstellen?
:mrgreen:

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5 Gedanken zu “„Nichts zu tun ist harte Arbeit“

  1. das, was ich an der muße so wertvoll finde, ist dass sie für sich selbst steht und erkenntnisfähigkeit ermöglicht. ohne muße gibt es keine bildung, keine kunst, so lautet die these.
    auf der wissenschaftlichen ebene wird die muße analytisch betrachtet und sehr bald kommt man auf die mußefeindlichen gesellschaftlichen bedingungen. ein öffentlicher diskurs darüber wäre wünschenswert. wie könnte nach dem emanzipatorischen verständnis eine mußefördernde gesellschaft ausschauen?
    im mittelpunkt der betrachtungen steht das subjekt und der eigene entwurf. was steht diesem eigenen entwurf im wege?

    noch etwas linguistisches – das fällt mir zu den kommentaren und zur frage nach dem entweder oder von Karin ein. Ich lese heraus, dass sie sich eine differenziertere Antwort von Melanie gewünscht hätte – ein kurzes “ i like“ genügt nicht. Ich kann damit auch falsch liegen. Der Müßiggänger gibt – wenn er in der Muße ist – dieses diskursive /dualistische Denken mitunter auf, sie ist von ihrem Wesen her mit der „polarität“ verschwistert….

    hier dazu noch etwas vereinfacht, linguistisches in bezug auf das polare denken (östl. philosophien: wuwei, dao) und diskursive denken(westl.):

    entweder oder
    sowohl als auch
    weder noch

    anders erklärt:

    a ist nicht gleich a
    „a“ oder „nicht a“
    „a“ und „nicht „a“
    weder „a“ noch „nicht „a“

  2. Verständnisschwierigkeiten kommen daher, dass es oft nicht klar ist, auf welcher Ebene man/frau kommuniziert. Wir sind analytisch/rational unterwegs und verwenden aber Wörter wie „herzlich“… Und es kommt auch vor, dass wir ganz sachlich und pragmatisch einen Geschäfts-Termin für ein „Meeting“ ausmachen und uns dabei auf einer emotionalen Ebene bewegenb. Das führt oft zur Verwirrung, der Gesprächspartner kann das oft nicht richtig deuten. Gerade in der Beraterszene kommt das häufig vor, dass hard facts mit soft skills (ich benutze hier die business-Sprache und ihre Nützlichkeitsorientierung, was MüßiggängerInnen gar nicht mögen)… Wenn wir Muße haben und in der Muße sind, sprechen wir anders, unterhalten uns anders – wir sind irgendwie liebevoller, kreativer, poetischer…

  3. noch etwas linguistisches – das fällt mir zu den kommentaren und zur frage nach dem entweder oder von Karin ein. Ich lese heraus, dass sie sich eine differenziertere Antwort von Melanie gewünscht hätte – ein kurzes ” i like” genügt nicht.

    Doch, doch, es genügt. Wie die beiden grünen Smileys bei Melanies und bei meinem Kommentar verdeutlichen, war es nur scherzhaft gemeint – weil wir offenbar die Musse dazu hatten, Scherze zu machen
    :mrgreen:

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