Liebe „sammeln“

In meinen letzten Kurs über Liebesbeziehungen ist mir wieder einmal deutlich bewusst geworden, wie viele Beziehungen daran zerbrechen, dass einer der beiden fremdgeht. Neben anderen Gründen für dieses Verhalten liegt einer auch in mangelnder Selbstliebe.

Ich habe auf dieser Website schon erwähnt (wahrscheinlich mehrfach!): Wer sich selbst nicht liebt, muss sich lieben lassen. Denn ohne Liebe sind wir nicht glücklich.
Warum kommt es aber häufig vor, dass jemand seinen Partner betrügt, obwohl er von ihm über alles geliebt wird? Genügt ihm denn diese Liebe nicht?
Nein, sie genügt ihm nicht. Vor allem Menschen, die als Kind von den Eltern oder anderen Bezugspersonen keine (oder subjektiv nicht ausreichend) Liebe erfahren haben, sind ein Leben lang nach Liebe geradezu süchtig. Sie machen alles, um ein bisschen Liebe zu bekommen, um sich angenommen zu fühlen. Meistens sind sie sich dessen überhaupt nicht bewusst.
Wenn die Liebe des Partners nach der rosaroten Verliebtheitsphase (man spricht von ein bis zwei Jahren) zur Selbstverständlichkeit geworden ist und folglich keine starken Emotionen mehr auslöst, kommt der Hunger nach Liebe wieder auf; bietet sich eine Gelegenheit, wird er gestillt. Doch auch diese neue „Liebe“ ist dazu verdammt, nach einer gewissen Zeit nicht mehr zu genügen, es folgt eine nächste und noch eine… „Liebe“ wird regelrecht gesammelt – das Herz, der „Sammelbehälter“, wird aber nie voll, egal wie viel Liebe man hineingibt.

Dieses Phänomen zeigt sich natürlich nicht nur durch die Untreue in Partnerschaften, sondern in vielen alltäglichen Ausprägungen: Sexy-Kleidung und Flirten, um beim anderen Geschlecht anziehend zu wirken, aber auch in all den Verhaltensmustern, von denen in früheren Artikeln auf dieser Website schon die Rede war, wie nicht Nein sagen können, es allen recht machen wollen, Angst haben jemanden zu verletzen, die eigenen Bedürfnisse zugunsten anderer missachten und und und… Alles, was wir tun, um nur ein bisschen geliebt zu werden. Und zwar von vielen Menschen, nicht nur von den wenigen, die uns wirklich etwas bedeuten.

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10 Gedanken zu “Liebe „sammeln“

  1. Wenn Sie Hunger nach Liebe schreiben und im Text fehlende Emotionen erwähnen, nehme ich an, dass Sie Verliebtheit im weitesten Sinne meinen. Für mich ist „Liebe“ wesentlich umfassender und ich meine, dass ein „erwachsener Mensch“ Mängel aus der Kindheit ausgleichen kann. Gerade wegen der nicht zu unterschätzenden subjektiven Wahrnehmung – wie vieles schweigt man selbst denn zu Tode und warum? – halte ich allzu starke Fixierung auf Erleben in der Kindheit als blockierend. Mag da die Wurzel liegen. Wenden wir unseren Blick aber stets zurück und nicht nach vorn, erstarren wir, das Leben zieht an uns vorbei und wir merken es noch nicht einmal….und ein offenes Wort: Fürchten wir nicht häufiger selbst verletzt zu werden und schieben Nächstenliebe vor? Gewisse Zugeständnisse an die eigene Unzulänglichkeit machen auch lebendig.

  2. Liebe Verena

    Danke für deinen Kommentar! Ich stimme dir zu: Als Erwachsene haben wir sogar die Pflicht, an unseren „Mängeln“ und „Fehlern“ zu arbeiten – doch dazu müssen wir sie erst einmal wahrnehmen beziehungsweise hinter bestimmten Verhaltensweisen (beispielsweise wie hier ausgeführt: hinter dem Fremdgehen und anderem, was wir für ein bisschen Liebe tun) den zugrundeliegenden Mangel erkennen.
    Ich bin auch der Meinung, dass wir daraufhin nach vorne schauen sollen und die „lieblose“ Kindheit nicht als Entschuldigung missbrauchen dürfen.
    Bei vielen Menschen habe ich aber wichtige Aha-Erlebnisse und grosse Erleichterung gesehen bei ihrer Erkenntnis, dass ein Mangel an (Selbst-)liebe „schuld“ ist an so manchen ihrer belastenden Verhaltensweisen.
    Und: ja, es ist die Hölle, wenn man ständig nach Liebe dürstet und sich um Liebe bemüht und doch nie genug davon hat…

    Herzlichst,
    Karin

    P.S. Zum Thema „verletzen und verletzt werden“ habe ich auf dieser Website schon einiges geschrieben, ganz in deinem Sinne!

  3. ich liebe die Wahrheit, die ich hier endlich wiederfinde. Und das dadurch aufleuchtende Lächeln, den Mut, das Erkennen, die Liebe zu sich selbst, die plötzlich ruft!

    DANKE!

  4. das Leben ist schön, das Wiederfinden sich selbst umso mehr, das Entwickeln, das Lieben.

    Karin, du bist eine von den wenigen Menschen, die sich wirklich kennt und dadurch das Wissen weitergeben kann.

  5. Dies ist ein Bericht von vielen welchen auf mich zutrifft! Nur wie komt man aus diesem Schlammassel heraus?? Indem man diese Emotionen/Gefühle einfach ignoriert…?

  6. Liebe Marina

    Solche Gefühle und Emotionen ignorieren und unterdrücken ist nicht der richtige Weg. Wir sollten sie wahrnehmen, anschauen, erkennen als das, was sie sind, und dann Schritt für Schritt an uns selber arbeiten, um die Ursache aufzuheben.

    Ich habe auf dieser Website schon über viele verschiedene Aspekte und Methoden geschrieben. Hier findest du eine Zusammenstellung von Verhaltensweisen, bei denen du an dir selbst arbeiten kannst, um deine Selbstliebe aufzubauen und zu stärken: http://www.selbstliebe.ch/?p=24

    Es ist zugegebenermassen schwer, aufgrund von solchen nicht allzu detaillierten Erklärungen sein Verhalten zu ändern. Selbst meine eintägigen Kurse sind bei weitem zu kurz, um wirklich in die Tiefe zu gehen, aber ich vermittle darin doch wichtige Grundlagen, die es den Teilnehmern ermöglichen sollten, danach auf dem Weg der Selbstliebe weiterzukommen.

    Ich wünsche dir alles Liebe für deinen Weg,
    Karin

  7. Liebe Frau Karin Jundt

    Vielen Dank für das interessante Buch „Karma-Yoga“, dass mir sehr geholfen hat und ich sehr schnell gelesen habe und es immer wieder zur Hand nehme. Sie schreiben sehr deutlich und es ist einfach zu verstehen, aber es bedarf sicher Jahre um alles umzusetzten, da dies nicht für jedermann einfach ist. Ich danke Ihnen einfach, da sie mir auf meinem Weg sehr geholfen und mich weitergebracht haben. Herzlichen Dank, liebe Grüsse auf ihrem weiteren Weg, herzlichtst Monika Wachter

  8. Liebe Frau Wachter

    Danke für Ihre lieben Worte, es freut mich sehr, dass mein Buch Ihnen auf Ihrem Weg weiterhilft.
    Ja, der Weg ist lang und wir alle müssen immer wieder üben und uns bemühen.

    Ich wünsche Ihnen viele bereichernde und glücklichmachende Schritte!

    Herzlichst,
    Karin

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