Alles hat einen Sinn

Vor einigen Wochen erzählte mir Marisa*, sie stecke in ihrem Leben gerade fest und wisse nicht weiter. „Ich arbeite in Zürich, mein Freund wohnt in Trieste und ich habe eine Wohnung in Firenze gekauft, meiner Heimatstadt, wohin ich wieder ziehen möchte. Mein Freund will dann mitkommen, sobald er seine Wohnung verkaufen kann. Im Moment pendle ich wöchentlich in diesem Städtedreieck von über 1000 Kilometern, ein unhaltbarer Zustand. Aber… in Zürich habe ich einen guten Job, in Firenze werde ich kaum einen finden, in meinem Alter sowieso nicht mehr. Und die Wohnung in Firenze ist seit Monaten nicht bezugsbereit, der Umbau verzögert sich, immer werde ich mit Ausreden vertröstet; ich reise ständig dahin, um denen Beine zu machen, aber es nützt alles nichts. Ich weiss nicht mehr, was ich machen soll. Vielleicht sind meine Pläne doch falsch… ich bin ziemlich verunsichert.“

Vor ein paar Tagen traf ich Marisa wieder. Sie strahlte. „Stell dir vor“, erzählte sie mir, „ich war letzte Woche in Firenze. Vom Wohnungskauf bin ich zurückgetreten und habe ein unglaublich schönes Haus gekauft! Es ging alles ganz schnell, sogar den Notartermin haben wir in dieser kurzen Zeit hinbekommen. Und es geht noch weiter: Mein Freund hat einen Käufer für seine Wohnung gefunden. Und das Allerbeste: Ich hatte in Firenze ein Bewerbungsgespräch für einen total spannenden Job!“
Ich kam nicht dazu, mein Staunen auszudrücken, da fuhr sie schon fort: „Natürlich ging nichts von alleine, ich habe mich schon bemüht. Aber es schien irgendwie schon alles aufgegleist, und als der erste Dominostein fiel, folgte die ganze Reihe! Wahnsinn, was? Ich hätte es wissen sollen, dass die baulichen Verzögerungen einen Sinn hatten!“

Ja, alles hat immer einen Sinn. Wie oft werden uns doch Hindernisse in den Weg gelegt, nur damit wir vom „falschen“ Weg endlich absehen und einen besseren einschlagen. Ich weiss, solange wir in den Schwierigkeiten drin stecken, ist es schwer, das zu erkennen und gelassen abzuwarten. Aber Urvertrauen bewährt sich immer. Wie eine chronisch schwerkranke Freundin von mir immer sagt: Es chunnt eso wie’s chunnt, und so wie’s chunnt, chunnt’s ebe guet (Es kommt so wie es kommt, und so wie es kommt, kommt’s eben gut).

* Name aus Diskretionsgründen geändert

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